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26.2.2010: Armut in Chile trotz "Demokratie"

Das Staatssystem ist nicht die grosse Ursache für die Armut, sondern die korrupten Menschen, die die Einrichtung gewisser solidarischer Strukturen verweigern

von Michael Palomino (26.2.2010, einen Tag vor dem Erdbeben)

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Nach zweieinhalb Wochen Chile-Aufenthalt im Februar 2010 - mit Rückkehr nach Peru einen Tag vor dem grossen Erdbeben vom 27.2.2010 - kam ich nach einigen Gesprächen mit verschiedenen Vertretern der Bevölkerung zur Schlussfolgerung, dass es wirklich nicht vom System abhängt, ob Armut existiert oder nicht, sondern von den Menschen selbst. Der Wechsel von der Diktatur Pinochets zur Demokratie hat für die chilenischen Armen keine nennenswerten Verbesserungen gebracht. Aber lesen Sie selbst:


REGIERUNGEN VOR PINOCHET UND KOMMUNISTISCHER EINFLUSS

Die Regierung Frey (senior) begann mit dem U-Bahn-Bau.

Die Regierung Allende brachte keine Fertigstellung der ersten U-Bahn-Linie zustande. Die Regierung war zu korrupt [1].


SCHLACHTRUFE

Die Linke kämpfte mit grossen Demonstrationen gegen Pinochet, den sie auch "pinocho" nannten, mit Schlachtrufen wie:

AHORA SEÑORA TOQUE LA CACEROLA!!
(Jetzt, ihr Hausfrauen, schlägt auf eure Kochtöpfe!!)

EL PUEBLO UNIDO JAMÁS SERÁ VENCIDO!!
(Das vereinte Volk lässt sich nie besiegen!!)

PACOS CULIAOS CAFICHES DEL ESTADO!!
(Verdammte Bullen sind die Zuhälter des Staates!!)

A PURO PAN, A PURO TÉ ASÍ NOS TIENE PINOCHET!!
(Pinochet hält uns bei Brot und Tee!!)

Und da waren noch andere Schlachtrufe, bis jeweils die Bullen kamen. Dies war der Kampf für die Demokratie [2].


DIE TATEN DER PINOCHET-REGIERUNG

Die Diktatur unter Pinochet wurde 1973-1990 eingerichtet, um eine Spaltung der Bevölkerung in Rechts und Links (Kommunismus) zu verhindern. In seiner Regierungszeit liess Pinochet nicht nur Regierungsgegner umbringen, sondern er rettete Chile vor einer Regierung Allende, die das kommunistische Staatsmodell von Kuba kopieren wollte.

Statt abzuwarten, wie sich die Situation in Chile entwickeln würde, wurde Chile nach dem Staatsstreich Pinochets von der internationalen Staatengemeinschaft der "Demokratien" sofort boykottiert.

Bisher war in Chile die gesamte Wirtschaft in Koordination mit den "USA" aufgebaut worden. Nun musste Chile sich ökonomisch total umorientieren, u.a. mit der Etablierung von Handelsbeziehungen mit Asien und China. Statt die Diktatur zu schwächen, wurde die Diktatur Pinochets durch den Boykott also gestärkt. Pinochet liess die staatlichen Betriebe alle verstaatlichen, darunter auch die Metro von Santiago. Aber der Impuls von Pinochet war es, der es überhaupt erst ermöglichte, dass die Metro von Santiago fertiggestellt wurde. Unter der korrupten Allende-Regierung war kein einziger Kilometer der U-Bahn fertiggestellt worden. Pinochet konnte dagegen die erste U-Bahn-Linie von Santiago einweihen [1].


ZIEL DEMOKRATIE

Die Kämpfer für die Demokratie lebten ab 1973 in einer stetigen Angst um die Familie. Sie lebten in einer Phantasie für die "Freiheit", mit hohen Anforderungen, mit viel Mystik wegen der herrschenden Angst.

Nach der Wiedereinrichtung der Demokratie herrscht aber auch im Jahr 2009 noch Diskriminierung im Land. Es haben noch lange nicht alle Menschen in Chile dieselben Möglichkeiten [2].


DIE DEMOKRATIE KOMMT - DIE DIKTATORISCHEN STRUKTUREN BLEIBEN - DIE ARMUT BLEIBT

Der Diktator wurde beseitigt, aber die diktatorischen Strukturen wurden nicht beseitigt. Die privatisierten Grossfirmen sind bis heute (2010) in privater Hand. Die Machtcliquen wurden nicht zerschlagen. Die machthabenden Familien teilen ihre Gewinne nicht [3].

Die Linken sind stolz, den Diktator gestürzt zu haben und gedenken ihres schmerzvollen Kampfes immer wieder [2].

Aber was hat der Sturz von Pinochet für Folgen gehabt? Eher keine Folgen, denn die etablierten Reichen blieben reich: An der Verfassung wurde nicht viel geändert:

Die Armut bleibt, denn die Preise werden hochgehalten, v.a. für Lebensmittel, Strom, Wasser, für Bildung, das staatliche Schulsystem ist schlecht, nur die teuren Privatschulen haben gutes Niveau, Bücher sind teuer. Chilenen fahren nach Argentinien, um dort Bücher billig zu kaufen und in Chile zu verkaufen. Die "demokratischen" Regierungen nach Pinochet halten die Preise hoch, um die Bevölkerung besser unter Kontrolle zu halten [3].


Der Lohn der Armen in Chile

-- die Gehälter sind minimal bei 160.000 Pesos (rund 300 Dollar), das Gehalt eines Kellners, einer Haushalthilfe etc.
-- die Miete für ein kleines Haus für eine Familie liegt minimal bei 80.000 Pesos, kann aber bis 120.000 Pesos sein, und dieses Häuschen liegt dann in einem Aussenquartier der Armen

-- das mittlere Gehalt beträgt 200.000-250.000 Pesos
-- ein Buschauffeur verdient ca. 350.000 Pesos
-- eine Metro-Lokführerin verdient ca. 300.000 Pesos

Männer verdienen mehr als Frauen.

Hohe Gehälter sind die eines Allgemeinarztes (800.000 bis 1.200.000 Pesos, 1600 bis 2400 Dollar), oder eines spezialisierten Mediziners (2-3 Mio. Pesos, 4-6000 Dollar) [3].

-- die Mutter hat oft nur für einige wenige Monate Muttermilch, und oft werden die Babys dann mit Tee ernährt, was auch Unterentwicklung von Knochen und Gehirnschäden mit sich bringt [3]

-- heute (2010) hat die Regierung von Chile Baby-Ernährungsprogramme, und den Müttern wird Milch in Beuteln abgegeben. Die Mütter verwenden die Milch aber nicht für die Babys, sondern verkaufen die Milch, und das Baby bekommt nur Tee [1].


DIE ARMEN ÄNDERN IHRE GEWOHNHEITEN NICHT - TROTZ EINFAMILIENHAUS

Die Preise sind normale Preise. Die Armen in Chile sind - wie auch Arme in anderen Staaten - an die Armut gewohnt und kommen aus dem Teufelskreis der Armut nicht heraus. Die Armen haben Gewohnheiten von Diebstahl, Drogenkonsum und Arbeitslosigkeit entwickelt und arbeiten z.T. nicht, obwohl sie arbeiten könnten - aus Gewohnheit, weil Diebstahl mehr einbringt als legale Arbeit.

Die Regierung hat grosse Programme gegen die Slum-Bildung, und ein grosser Teil der Slums von Chile ist durch die Häuschenbau-Programme verschwunden. So bekommen arme Familien zu günstigen Kreditbedingungen ein Häuschen, kein Reihenhaus, sondern alles "eigene vier Wände", mit Autoabstellplatz bzw. kleinem Garten [1].

Diese "Einfamilienhaus-Kolonien" kann man in jeder grösseren Stadt Chiles beobachten. Die Giebeldächer wirken wie Sägezahn-Reihen, die runden Dächer wirken etwas mondähnlich [5].

Die Häuschenbau-Programme sind aber nicht genug für die Armen, denn es müssten sich auch die Gewohnheiten ändern. Die armen Familien bleiben oft bei Massenkonsum, Diebstahl und Drogen. Deswegen bleibt die Armut oft bestehen, trotz der Häuschenbau-Programme [1].


DIE EISENBAHN WIRD ERST NACH PINOCHET REDUZIERT

Die Eisenbahn wurde unter Pinochet nicht vernachlässigt, sondern erst die Regierungen nach Pinochet haben die Eisenbahn immer mehr abgebaut, Eisenbahnlinien zerstört, unter den Präsidenten Aylwin, Tagle, Lagos etc. [1]


WINTER IN CHILE: TÖDLICHE KÄLTE - TÖDLICHER SMOG

In Chile ist es auch heute (2010) noch so, dass in jedem Winter viele Kleinkinder und ältere Menschen an der Kälte oder am Smog sterben, weil die Erkrankungen der Atemwege tödlich verlaufen.

In den Bergen leben die Armen in einfachen Holzhäuschen mit einfachen Holzöfen. Die Häuschen weisen oft nur Plastikfolien statt Fensterscheiben auf.

In den Bergen fehlt dann oft die medizinische Versorgung, fehlen Spitäler, fehlt medizinische Betreuung, fehlen Spezialisten (Radiologen, Chirurgen, Material zum Behandeln der Lungenkrankheiten, Chinesiologen) [3].

In Chiles Städten in der Zwischenebene des Landes ist es der Winter-Smog, der die tödlichen Atemkrankheiten provoziert. Unter diesen Toten sind u.a. viele Alkoholiker oder auch Menschen, die auf der Strasse leben.
Dabei sind die Autoabgase durch Katalysatoren inzwischen sehr reduziert, aber die Heizungen laufen bis heute (2010) ohne grosse Filter, und die Armen heizen auch mit verbotenem Heizmaterial wie Paraffin oder Holz oder Kohle, ohne jeden Filter. Die staatlichen Kontrollen der Heizungen sind nicht lückenlos, und so entsteht in Chiles Städten im Winter regelmässig ein übler Smog durch filterlose Heizungen.

Dieser Heizungs-Smog in Kombination mit der Winterkälte provoziert in Chiles Städten im Winter Krankheiten wie Lungenentzündung, Bronchitis und Humanes Respiratorisches Synzytial-Virus, mit vielen Todesopfern. Die öffentlichen Spitäler haben dann zu wenig Personal, es fehlen Ärzte, und die Kranken müssen im Wartesaal 6 bis 8 Stunden bis zur Notaufnahme warten. Teilweise sterben die schwerkranken Wartenden dann im Wartesaal, oder dann im Krankenbett.

Die gefährdeten Personen könnten im Winter in wärmere Regionen reisen, aber dazu fehlt ihnen das Geld [3].


DIE CHILENISCHE REGIERUNG UND DIE WINTER-TOTEN

Die Presse berichtet von den Todesfällen durch Kälte und Smog. Aber die Massnahmen der Regierung haben bis heute noch keine grosse Wirkung. Der Winter-Tod durch Kälte und Smog ist noch nicht gestoppt.

In Chiles Bergen fehlt die notwendige Architektur gegen die Kälte. Scheinbar fehlt eine "Berghilfe" und gezielte Aktionen
-- für eine gute Ernährung in den Bergen
-- für guten Hausbau
-- für moderne Heizungseinrichtungen
-- für genügend Fensterscheiben
-- für genügend Dichtungsmaterial

gegen Lungenkrankheiten im Winter.

Chile mit seinen grossen Apfelkulturen exportiert eine Menge Äpfel ins Ausland, die scheinbar im Winter der Bergbevölkerung fehlen [4]

Chile mit seinem kalten Klima braucht unbedingt ein Filter-Programm für die Heizungen. Ein solches Filter-Programm für Hausheizungen (Cheminées) wurde in der Schweiz bei Holzheizungen bereits vor einigen Jahren (2000er Jahre) realisiert [4].


GEISTIGE ARMUT IN CHILE aus dem Stadtteil "Barrio Alto" aus Santiago: Alle Zeitungen unter demselben Eigentümer

Die Reichen in Santiago leben im Distrikt "Barrio Alto".

Die grossen Tageszeitungen "El Mercurio", "La Segunda" und "La última Noticia" gehören alle demselben Besitzer, und daran angeschlossen sind "La Tercera" und "La Cuarta".

Unter Allende gab es eine Presse von rechts und links. Seit Pinochet die linke Presse geschlossen hat, gibt es keine linke Presse mehr. Eine linke Presse neu zu etablieren, wird von der rechten Presse verhindert, indem dann die rechte Presse mit Dumpingpreisen angeboten wird und die linke Presse keine Leser findet.

Pinochet ist gegangen, aber das System nicht. An den Schaltstellen blieben dieselben Leute: die Reichen vom "Barrio Alto" aus Santiago (U-Bahn-Station "Dominicos"). Auch die Verfassung wurde seither kaum geändert [3].


MISERABLES JUSTIZ-SYSTEM IN CHILE

-- es werden oft nur geringe Strafen ausgesprochen
-- die Diebe stehlen immer wieder und werden immer gleich wenig bestraft [1, 3]

-- eine Untersuchungshaftanstalt ("prisión preventiva") kann einen Jugendlichen seelisch kaputtmachen, so dass er als "krank" entlassen wird, statt dass er eine Haftstrafe absitzen muss [1].

Das Justizsystem duldet die Bildungs-Diskriminierung gegen die Ureinwohner, die kaum je das Geld haben, um in Chile eine gute Schule zu besuchen. Die Justiz duldet auch den Landraub an den Mapuche und verfügt bis heute  [2010] keine Landrückgaben. Der Rassismus in Chile hat System, die Armut wird in Chile somit durch die Justiz unterstützt und zementiert, und das ist wirklich gegen jedes Menschenrecht [4].

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Quellen
[1] Angaben einer Chilenin des rechten Lagers, die nichts Schlechtes an Pinochet findet
[2] http://www.facebook.com/wall.php?id=25387935279&page=5&hash=0cefe4b560e1f4bc6312b43229e5c3ce
[3] Angaben von Chilenen des linken Lagers gegen Pinochet
[4] Schlussfolgerung Palomino
[5] Beobachtung Palomino 2010

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