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Encyclopaedia Judaica

Juden in Ecuador

Jüdische Einwanderung in der NS-Zeit - Landwirtschaftsprojekt - Industrialisierung - spezielle Mittelschicht

von: Ecuador; In: Encyclopaedia Judaica 1971, Band 6

präsentiert von Michael Palomino (2008)

Übersetzung von Michael Palomino (2012)

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<ECUADOR,

südamerikanische Republik mit 5.695.000 Einwohnern (Schätzung Mitte 1968), von denen ungefähr 1000 Juden waren. Allgemein wird angenommen, dass Juden unter den Siedlern waren, die während den Kolonialzeiten aus Europa kamen. Gewisse Familiennahmen unter den etablierten, ecuadorianischen Familien beweisen ihren sefardisch-jüdischen Ursprung.

[Jüdische Bevölkerung in Zahlen]

Vor dem Zweiten Weltkrieg war nur eine kleine jüdische Einwanderung nach Ecuador zu verzeichnen. Im Jahre 1904 lebten nur vier jüdische Familien im Land, und eine Übersicht im Jahre 1917 gab 14 Juden an.

Nach 1924, als die Verunreinigten Staaten das Quotensystem einführten, kamen eine Handvoll mehr Juden nach Ecuador. Erst durch das Aufkommen des Nazismus und des Holocaust in Europa begann in Ecuador eine Masseneinwanderung. Während der Jahre 1933-43 kamen etwa 2700 Juden, und bis 1945 waren es schon 3000 jüdische Einwanderer, 85% davon Flüchtlinge aus Europa.

Auf dem Höhepunkt (im Jahre 1950) wurde die jüdische Bevölkerung Ecuadors auf 4000 Personen geschätzt; die Mehrheit lebte in Quito, einige 100 in Guayaquil, und wenige weitere in Ambato, Riobamba und in Cuenca (Kol. 359).

Tabelle: Juden in Ecuador 1917-1950
Jahr
Anzahl
1917
14
1924
eine Handvoll mehr
1933-1943
+ ca. 2,700
1945
3,000 Einwanderer
1950
4,000 (der Höhepunkt)
seit 1950
sinkende Zahlen
Tabelle von Michael Palomino; aus: Ecuador; In: Encyclopaedia Judaica 1971, Band 6, Kol. 359-360

[1935-1936: Versuche landwirtschaftlicher Siedlungen geben zu wenig Einkommen]

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Versuche mit landwirtschaftlichen Siedlungen blieben ohne Erfolg. Im Jahre 1935 wurde in Paris das "Comité pour l'Etude de l'Industrie de l'Immigration dans la République de l'Equateur" eingerichtet [[Komitee für Industrie und Einwanderung der Republik Ecuador]], und zwar durch eine Bodenorganisation, die "Freeland League of Jewish Colonization" [[Freilandliga der Jüdischen Kolonisation]], mit dem Ziel, in Ecuador ein Siedlungsprogramm aufzubauen.

[[Die Ureinwohner Ecuadors, die von Ländereien vertrieben wurde, werden im Artikel nie erwähnt]].

Mit der ecuadorianischen Regierung wurde ein Abkommen abgeschlossen, 500.000 Acres Land dem Komitee für 30 Jahre zu überlassen, um das Land mit Einwanderern zu besiedeln, ohne Rücksicht auf Rasse, Religion oder Nationalität. Dabei wurden Zugeständnisse versprochen wie Steuerfreiheit für drei Jahre, Bürgerrecht nach einem Jahr, Zollbefreiung und freier Transport mit Zug vom Hafen ins Innere des Landes.

Der Präsident unterschrieb das Abkommen einige Monate später mit der Bedingung, dass bis Mai 1937 ein detailliertes Programm präsentiert werden müsste, und dass im Falle, dass das Komitee es nicht zustandebringen würde, 8000$ zu investieren und mindestens 100 Familien anzusiedeln, das Abkommen verfallen würde. Im folgenden Jahr besuchten zwei Experten Ecuador, um die Siedlungsmöglichkeiten zu untersuchen. Ihre Befunde besagten, dass solche Siedlungen machbar seien und die Ausgaben von 72-93 Pfund (360-465 $) pro Familie nicht übersteigen würden. Diese Befunde aber (Kol. 360)

waren für die jüdischen Organisationen wie das *HICEM inakzeptabel. Es wurde beanstandet, dass das entsprechende Land zu weit weg von den Bevölkerungszentren liege, und dass das Klima zu hart war. Das Resultat dieser Einwände war die totale Absage des Projekts.

Das *American Jewish Joint Distribution Committee und das HICEM versuchten auch, Hühnerfarmen für die Einwanderer zu einzurichten, und 60 Familien wurden so angesiedelt. Aber die Bedingungen verhinderten jeglichen Erfolg des Vorhabens, das nach kurzer Zeit zusammenbrach (Kol. 361).

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[1936: Liberale Gesetzgebung - 1938: Einwanderungsbeschränkungen]

Obwohl Ecuador durch eine streng römisch-katholische Tradition charakterisiert war, und obwohl es zuvor Verfassungen hatte, die den römischen Katholizismus als Staatskirche festlegten, konnte doch mit der Zeit eine grossangelegte, jüdische Einwanderung starten. Eine liberale Verfassung (1936) garantierte die Freiheit des Gottesdienstes für alle und brachte es ebenfalls mit sich, dass Erziehung hauptsächlich weltlich und laizistisch war (Kol. 360).

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Nichtsdestotrotz machte das grundlegende, humanitäre Element des Landes schrittweise einer Politik der Auserwähltheit Platz. Obwohl jüdische Einwanderung nach Ecuador auf der Basis von landwirtschaftlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen abgewickelt wurde, so entwickelte sich die Angelegenheit später anders: Alle Einwanderer waren nun Händler, Industrielle und Geschäftsleute (Kol. 360).

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Die meisten der Einwanderer waren Geschäftsleute und studierte Experten, die es vorzogen, ihre Berufe auszuüben. Sie entdeckten dabei, dass Balsaholz für den Möbelbau verwendet werden kann, und später führten sie Eisen- und Stahlmöbel im Land ein, die zuvor im Land unbekannt gewesen waren. Ausserdem wurden Geschäfte im Kleinhandel eröffnet, und auch die Hotellerie wurde entwickelt, wobei letzterer Bereich zu antijüdischem Druck durch syrische und kubanische Nationalisten führte, die auf diesem Gebiet aktiv gewesen waren (Kol. 361).

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In der Folge davon wurde im Jahre 1938 dann ein Gesetz verabschiedet, das alle Juden, die nicht in der Landwirtschaft oder in der Industrie tätig waren, dazu verdonnerte, das Land zu verlassen. Ausserdem wurden die Einwanderungsbestimmungen verschärft und die Einwanderung nur noch für diejenigen Juden zugelassen, die über ein minimales Vermögen von 400 $ verfügten, welches für Investitionen in industrielle Projekte verwendet werden musste. Die jüdische Gemeinde hatte jedoch die Kraft, dieses Gesetz zu bekämpfen (Kol. 361).

Die liberale Gesetzgebung blieb somit weiterhin in Kraft (Kol. 360).

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[1939: Der Fall des Schiffes "Königstein"]

In den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs nahm Ecuador weiterhin eine gewisse Anzahl Einwanderer auf. Im Jahre 1939, als einige südamerikanische Länder die 165 deutsch-jüdischen Flüchtlingen an Bord des Schiffes "Königstein" verweigerten, gewährte ihnen Ecuador die Einreisegenehmigungen (Kol. 360).

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Im Jahre 1952 wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, das verlangte, dass jeder Ausländer beweisen sollte, dass er eine Beschäftigung hatte, die dem Eintrag im Einreisevisum entsprach. Dieses Gesetz wurde jedoch durch die Intervention des *Jüdischen Weltkongresses bekämpft und zu Fall gebracht (Kol. 360).

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[Gemeindestruktur und Kulturleben - spezielle Mittelschicht - keine komplette Assimilation mit Mischheiraten]

Die ecuadorianisch-jüdische Gemeinde ist eine homogene Gruppe, und dies ermöglichte die Organisation einer Gemeinde. Die "Asociación de Beneficencia Israelita" [[Israelitische Wohlfahrtsgesellschaft]], gegründet im Jahre 1938, ist die zentrale Körperschaft für religiöse und kulturelle Angelegenheiten, die ihrerseits ein Schlichtungsgericht und eine "hevra kaddisha" [[heilige Versammlung]] einrichtete. Weitere Organisationen m Land sind die [[rassistische]] Zionistische Vereinigung, die [[rassistisch-zionistische Kampforganisation]] *B'nai B'rith, Maccabi und eine Bankenkooperative. Ein zweisprachiges Bulletin in Spanisch und Deutsch "Informaciones" [[Informationen]]ist die einzige Publikation der Gemeinde. Die jüdische Gemeinde Ecuadors ist hauptsächlich deutschen Ursprungs, aber die junge Generation spricht Spanisch. Eine komplette Assimilation durch Mischheiraten hat nicht stattgefunden, denn die Juden bilden eine eigene Mittelschicht zwischen der Oberschicht, der traditionellen, katholischen Klassen und den Unterschichten, die aus den Ureinwohnern bestehen.

In Ecuador gibt es keine jüdische Schule, sondern die allgemeine Stimmung ist eine des jüdischen Zusammenhalts und Solidarität, und die Kinder erhalten auch in gewissem Masse eine jüdische Erziehung durch einen Lehrer, der von der Gemeinde bezahlt ist. Die jüdische Gemeinde von Quito besitzt ein Gebäude, ein Altersheim und eine Synagoge, die an Samstagen und Feiertagen Gottesdienste veranstaltet.

[Jüdische Persönlichkeiten: Industrialisierung mit Metallindustrie und pharmazeutischer Industrie]

Ecuadorianische Juden sind in verschiedenen Bereichen bekanntgeworden, auch im akademischen Umfeld, in der Industrie und in den Wissenschaften. Benno Weiser (Benjamin Varon), der im ecuadorianischen Journalismus tätig war, trat später in den israelischen, diplomatischen Dienst und diente in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern. Sein Bruder, Max Weiser, war der erste Konsul des [[rassistisch-zionistischen]] Israel in Ecuador. Auf dem Gebiet der Industrie, wo Juden speziell eine wichtige Rolle spielten, sind es die Familien Rothschild und Seligmann, die auf diesem Gebiet die Metallindustrie entwickelt haben, und die pharmazeutische Industrie ist Carlos Alberti Ottolenghi und Alberto Di Capua zu verdanken. Paul Engel, Endokrinologe und Pathologe, war der Mitbegründer der Endokrinen Gesellschaft Ecuadors.

[Beziehungen zum rassistisch-zionistischen Freimaurer-CIA-Herzl-Israel - Zusammenarbeit]

Seit 1946, als der ecuadorianische UN-Vertreter vorschlug, die *Jewish Agency als jüdische Exilregierung anzuerkennen, hat Ecuador traditionell freundliche Beziehungen zum [[rassistisch-zionistischen Freimaurer-CIA-Herzl]]-Israel, und hat das [[rassistisch-zionistische]] Israel in den Vereinten Nationen oft unterstützt. Diplomatische Beziehungen wurden auf Botschafter-Niveau eingerichtet. Die ecuadorianische Botschaft liegt in Jerusalem.

In den späten 1960er Jahren wurde zwischen den beiden Ländern ein Netzwerk für technische Operation und Hilfeaustausch eingerichtet, speziell auf dem Gebiet der Landwirtschaft, der Wasseraufbereitung und des Jugendsports.

Bibliographie

-- A. Golodetz: Report on the Possibilities of Jewish Settlement in Ecuador (1936), 125-30
-- Weiser, in: Commentary, 3 (1947), 531-6
-- J. Shatzky: Yidishe Yishuvim in Latayn Amerike (1952), 162-7
-- A. Monk and J. Isaacson (eds.): Comunidades Judías de Latinoamérica (1968), 82-83.

[P.E.]> (Kol. 361)

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Quellen
Encyclopaedia Judaica 1971: Ecuador, vol.
                          6, col. 359-360
Encyclopaedia Judaica 1971: Ecuador, Band. 6, Kol. 359-360
Encyclopaedia Judaica 1971: Ecuador, vol.
                          6, col. 361-362
Encyclopaedia Judaica 1971: Ecuador, Band. 6, Kol. 361-362

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